Trotz Doku über Missbrauch Ausstellung über Michael Jackson soll nach Bonn kommen
- 06.03.19
Das Porträt hat Michael Jackson selbst beim Maler Kehinde Wiley in Auftrag gegeben. Es wurde posthum fertiggestellt und ist Teil der Ausstellung in der Bundeskunsthalle.
Köln/Bonn - Es sind weniger die bereits bekannten Anschuldigungen als die Details, die die HBO-Dokumentation „Leaving Neverland“ so verstörend machen: Ein erwachsener Mann, der neben einem Siebenjährigen masturbiert und ihm einredet, dass er niemals darüber sprechen dürfe, weil sie sonst beide ins Gefängnis kämen. Eine inszenierte Hochzeit mit Liebesschwüren und Ringtausch zwischen Michael Jackson und dem damals zehnjährigen James Safechuck. Und zwei Mütter, die in stundenlangen Interviews mit sich ringen, weil sie ihre Söhne freiwillig in das Bett des mutmaßlich pädophilen Jahrhundert-Künstlers gelegt haben.
Nach der Ausstrahlung der Michael-Jackson-Doku des britischen Regisseurs Dan Reed im amerikanischen Fernsehen reagierten zwei europäische Radiosender auf die Missbrauchsvorwürfe: Der norwegische Rundfunk NRK verkündete zunächst, dass er den Künstler zwei Wochen aus dem Programm nimmt.
Am Dienstag ruderte Rundfunkchef Gjermund Eriksen zurück: „Der Entschluss war falsch. Wir müssen zwischen Kunst und Künstler unterscheiden.“ Es solle nicht der Eindruck entstehen, dass man eine Position in der Frage beziehe, ob Jackson schuldig sei oder nicht. Der britische Sender BBC 2 hingegen spielt die Welthits des Popstars auf unbestimmte Zeit nicht mehr. Eine Reihe großer Sender aus Kanada haben Jackson ebenfalls aus dem Programm verbannt.
WDR spielt den umstrittenen Künstler auch weiterhin
Der WDR teilte auf Anfrage mit, dass vergleichbare Maßnahmen in den verschiedenen Radioprogrammen des Kölner Senders nicht geplant seien. Unternehmenssprecherin Anette Metzinger: „Wir wollen abwarten, ob es aufgrund der Erkenntnisse der HBO-Dokumentation zu einer neuen juristischen Bewertung kommt.“ Erst dann habe man abzuwägen, ob auch das künstlerische Werk neu eingeschätzt werden müsse. Die Bonner Bundeskunsthalle hält ebenfalls trotz der Vorwürfe an der geplanten Ausstellung rund um den „King of Pop“ fest.
Von Freitag, 22. März, an gastiert dort aus London „Michael Jackson: On the Wall“. Die Sammlung setzt ihn laut Bundeskunsthalle als „meistdargestellte Figur der Medienwelt“ in Szene. „Es geht bei den ausgestellten Werken um Jacksons Einfluss als Künstler“, erklärt Sprecher Sven Bergmann: „Wir zeigen keine Fan-Ausstellung über Michael Jacksons Leben.“
Deshalb finde eine kritische Auseinandersetzung mit der Privatperson dort nicht statt. Viele der Werke, wie Andy Warhols Jackson-Porträt aus dem Jahr 1982, entstanden bereits vor den medienwirksamen Gerichtsprozessen des Popstars.
Jackson-Fans sammeln Informationen über die Opfer – Klage gegen HBO
Die verhaltene Reaktion der beiden Unternehmen könnte auch damit zusammenhängen, dass die Dokumentation sich nicht um journalistische Neutralität bemüht. James Safechuck, 40, und Wade Robson, 36, berichten darin, wie sie über mehrere Jahre als Kinder vom 2009 verstorbenen Michael Jackson missbraucht wurden. Es kommen lediglich die Opfer und ihre Familien zu Wort, neue stichfeste Beweise für die Vergehen liefert die Reportage nicht.
Jackson-Fans formieren sich bereits seit Wochen unter dem Hashtag #MJINNOCENT zum Widerstand, sammeln auf Internetseiten wie LeavingNeverlandsFacts.com Informationen über die Protagonisten der Dokumentation. Sie halten Safechuck und Robson vor, dass sie Jackson 2005 in einem Missbrauchsprozess vor Gericht verteidigt haben und nun mit den Anschuldigungen ihre Karrieren ankurbeln wollten.